ÖBR NEWSLETTER August 2022

Innehalten hat vielleicht auch mit Urlaub, Entspannung und Erholung zu tun. Nämlich dann, wenn es sich darauf bezieht, aus dem täglichen Hamsterrad unserer Verpflichtungen und Gewohnheiten für eine kurze Zeit auszusteigen. Wenn ich mir jetzt diesen Satz so anschaue, dann erinnert er mich an frühere Zeiten, als wir wirklich noch das hatten, was langläufig als Alltagstrott bezeichnet wurde. Den gibt es aber heute in dieser Form nur mehr für die wenigsten Menschen. Kaum jemand wird ernsthaft widersprechen, wenn ich sage, wir leben in Zeiten besonderer Herausforderungen.

Das ist zum Beispiel jetzt der x-te Versuch von mir, diese Einleitung zum aktuellen Newsletter unter dem Motto „Innehalten“ zu formulieren. Jedes Mal habe ich mich in abstrusen Details verheddert, weil ich auf gerade aktuelle Entwicklungen Bezug nehmen wollte, um die Bedeutung und Wichtigkeit eines Innehaltens zu belegen. Ich lasse jetzt diese Beweisführung offen, weil ich denke, jede und jeder unserer Leser kennt sofort ganz viele Beispiele dazu.

Ich denke und fürchte, wir werden die Herausforderungen, vor die wir ständig aufs Neue gestellt werden, nicht gut lösen können, wenn wir nicht unsere Methoden ändern. Vielleicht ist es ein falscher Eindruck, aber es kommt mir vor, als würde immer alles nach denselben Mustern ablaufen. Zwischen Aktion und Reaktion gibt es keine Zeit eines Wahrnehmens oder Verstehens der Aktion und Abwägens einer Reaktion. Diese erfolgt meist sofort nach unterschiedlich festgefahrenen Mustern. Um vielleicht unüberlegte spontane Reaktionen zu unterlassen oder nicht nach festgefahrenen Mustern zu agieren, bedarf es des Innehaltens.

In einem anderen Kontext hat das einmal der Zen-Meister und Benediktiner-Mönch, Bruder David Steindl-Rast, so beschrieben: STOPP – LOOK – GO!

Das meint im Grunde nichts anderes, als ein Innehalten unseres täglichen spontanen Agierens und Reagierens, dann genau hinzusehen und wahrzunehmen, was ist da und worum es da wirklich geht, bevor es dann wieder ein GO gibt. Vielleicht, oder sogar sehr wahrscheinlich führt ein solches GO dann in eine völlig andere und neue Richtung. Vielleicht ist auch diese falsch, dann müssen wir eben wieder ein Stopp-Look-und Go dazwischen legen. Es geht nämlich auch darum, das Scheitern und Wieder-weiter-machen anzunehmen. Auch das gehört zu den unheilsamen Entwicklungen unserer Zeit, zu glauben, es gibt immer sofort die richtige Antwort auf alle Fragen und vor allem wird erwartet, dass es einfache Lösungen sind.

Ein hervorragendes Werkzeug dafür, Innezuhalten zu trainieren, ist eine gute Meditationspraxis. Persönlich bedarf ich dieses Anhaltens meist dann am Dringendsten, wenn die Regelmäßigkeit meines Meditierens aus irgendwelchen guten Gründen verloren gegangen ist. Die Ursachen und Prioritäten für das Bedürfnis nach Innehalten mögen sehr unterschiedlich sein, die Bedeutung für die Entwicklung der einzelnen Person und damit der gesamten Gesellschaft ist aber unbestreitbar hoch.

Es wäre schön und für die Bewältigung der immer schwieriger werdenden Aufgaben von uns allen sehr hilfreich, wenn wir es immer mehr schaffen könnten, das bewusste Innehalten in den Alltag zu integrieren. Ein möglicher Weg dorthin kann auch der Weg zu einem unserer Praxisorte sein.

In Erwartung des großen Jubiläums nächstes Jahr, haben wir begonnen diese Praxisorte, alle unsere Orden und Dharma-Gruppen, in kurzen Videos zu präsentieren und ihre Angebote vorzustellen.

Auch die andere Form, wie wir heuer noch einmal pandemiebedingt Vesakh gefeiert haben, hat guten Anklang gefunden und auf besondere Weise die Vielfalt der Dharma-Angebote in unserem Land vorgestellt.

Mögen alle daraus wertvolle Inspiration erfahren und vor allem wünsche ich euch allen einen guten und erholsamen restlichen Sommer!

In Verbundenheit,